FAQ-Room 29: Warum Rojava?

Eine Utopie im syrischen Bürgerkrieg / Film und Diskussion

Premiere am / 27/02/2020
SchauSpielHaus
1 Stunde
30 Minuten
Rojava

Keine aktuellen Termine

Inmitten des Bürgerkrieges hat sich im Norden Syriens ein Gesellschaftsmodell etabliert, das unter dem kurdischen Namen Rojava bekannt wurde. Nachdem 2012 die syrische Regierung die Kontrolle über die Gebiete an der türkischen Grenze aufgab, bauten kurdische Kräfte ein auf Selbstverwaltung, Autonomie und Demokratie basierendes System zur Sicherstellung der Versorgung und zum Schutz vor Angriffen auf. An die Stelle des Nationalstaates setzten sie ein konsensbasiertes Verwaltungssystem, die »Autonome Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien« (NES), dessen Säulen Basisdemokratie, Ökologie und Geschlechtergerechtigkeit sind und das der multiethnischen und -religiösen Situation in der Region Rechnung tragen soll. Ob dieses progressive Modell eine Zukunft hat, ist ungewiss. Seit dem Rückzug der US-amerikanischen Truppen im vergangenen Herbst wird die Region zwischen Angriffen der türkischen Armee und der Konsolidierung des syrischen Regimes zerrieben.
Aber worin besteht das Gesellschaftsmodell Rojava eigentlich und wie funktioniert die Umsetzung in der Praxis? Kann Rojava ein Modell für zukünftige Gesellschaften sein – nicht nur in Syrien? Und wenn ja, wie wäre diese Zukunft zu produzieren?

Nach einer filmischen Einführung in die Thematik diskutieren Riad Derar, Thomas Seibert und Margarita Tsomou.

Die Veranstaltung wird in deutscher Sprache abgehalten. Aus dem Arabischen wird übersetzt.

Die Veranstaltung wird unterstützt vom Bündnis »Hamburg für Rojava«.

Moderation: Peter Ott

Film und Diskussion mit:
Thomas Seibert ist Philosoph, Autor und seit den siebziger Jahren politischer Aktivist. Er arbeitet als Menschenrechtsreferent bei »medico international«, hat in diesem Zusammenhang über Jahre Sri Lanka, Bangladesch, Pakistan und Afghanistan bereist und seit 1999 an den großen Zusammenkünften der »Alter-Globalisierungsbewegung« in Genua, Athen, Paris, Heiligendamm und Malmö mitgewirkt. In Deutschland ist er in der Interventionistischen Linken (IL) aktiv und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen zur politischen Philosophie, zuletzt »Krise und Ereignis. 27 Thesen zum Kommunismus« (2007), »Zur Ökologie der Existenz. Freiheit, Gleichheit, Umwelt« (2017) sowie »Kritik und Aktualität der Revolution« (mit Martin Birkner, 2017).

Margarita Tsomou ist Tänzerin, Performerin, Professorin für zeitgenössische Theaterpraxis an der Hochschule Osnabrück, Kuratorin für Theorie und Diskurs am Hebbel am Ufer in Berlin und Herausgeberin des »Missy Magazine«. Sie arbeitet u. a. zu öffentlichen Protest- und Aktionspraktiken, Demokratietheorie und politischer Ästhetik.

Riad Derar ist ein syrischer Aktivist aus Deir az-Zour. Nach seinem Studium der Arabischen Sprache war er Imam an einer Moschee. Er ist seit langem in der syrischen Opposition aktiv und hat mehrere Jahre im Gefängnis verbracht. Derar ist gemeinsam mit Ilham Ahmed Co-Präsident des Föderalen Exekutivrates der Autonomen Selbstverwaltung von Nord und Ost Syrien (NES). Er nahm an vielen Verhandlungen teil, u. a. mit dem syrischen Regime in Damaskus, mit Russland und den USA. Letztes Jahr wurde er gemeinsam mit Ilham Ahmed im Elysee-Palast empfangen.

Peter Ott ist Filmemacher, Performer und Professor für Film und Video an der Merz Akademie in Stuttgart. Als Performer ist er Mitglied des Agitprop-Kollektivs »Schwabinggrad Ballett«, als Filmemacher ist er für Dokumentarfilme wie "Die Präsenz Gottes in einer falsch eingerichteten Gegenwart" (2014) und für Spielfilme wie "Das Milan-Protokoll" (2018) verantwortlich.