Besoffen. Beseelt. Besessen. Theater und Heiliger Geist
LECTURE
Schon der griechische Philosoph Platon warnte vor den Daimonen des Theaters. Die Schauspieler, so Platon, seien von Daimonen besessen. Und ihre Besessenheit sei ansteckend. Der Daimon springe von den Spielenden auf das Publikum über und immunisiere es, laut Platon, gegen jede Vernunft. Die Zuschauenden seien dann bereit, alles Mögliche zu glauben und nicht mehr nur das Notwendige, Reale, Vernünftige. In einem rational organisierten Staatswesen sollte das Theater, so Platon, deshalb verboten sein. Die platonischen Daimonen heißen später Heiliger Geist oder Heilige Geisteskraft. Die Heilige Geisteskraft ist eine Art kollektiver Energie oder Ekstase, und die Theatergeschichte mit all ihren Stilen und Formen nichts anderes als der immer neue Versuch, die Heilige Geisteskraft zum Sprechen zu bringen. Dramaturg Christian Tschirner führt mit seiner Lecture auf persönliche Weise in die eigentliche transzendentale Superpower des Theaters ein.