Brinkmanns Zorn

Vor genau 50 Jahren wollte Rolf Dieter Brinkmann in London die Straße wechseln, aber er hatte den Linksverkehr nicht auf dem Schirm. So zumindest erzählt es die Legende über den Tod eines der besten Schriftsteller*innen, die im 20. Jahrhundert in deutscher Sprache geschrieben haben. Brinkmanns Gedichte verbinden Pop und Romantik, das Projekt radikaler Ehrlichkeit mit dem Ekel vor der BRD und ihrer Selbstgerechtigkeit und fliegen doch ab: westwärts, raus aus dem Korsett von Literaturbetrieb, Karstadt und Butzenscheiben. In seinem Film »Brinkmanns Zorn« von 2007 versucht Harald Bergmann in das Universum des Rolf Dieter Brinkmann zu blicken. Spielszenen werden lippensynchron mit den Tonbandaufnahmen
Brinkmanns verknüpft. Collagen, Fotos und Super-8-Filme aus dem Nachlass ergänzen das Bild und geben Einblicke in das Schaffen seiner letzten drei Lebensjahre. Wir zeigen den Film, lesen Brinkmann-Texte und kommen ins Gespräch. Es wird ein langer Abend, aber wer kann schon genug bekommen von Texten wie diesem: „Hier steht ein Gedicht ohne einen Helden.
[...] Das Gedicht, das hier steht, enthält keine Wärme, das Gedicht enthält keine Kälte. Das Gedicht hier ist nicht schwarz, es hat keine Fenster und kennt keine Angst.“