»Das Zenonzän. Paradoxien des Fortschritts«
Was haben die mythologische Jägerin Atalante, der rechte Techbro Elon Musk, DDR-Autor Wolfgang Hilbig und der Naturforscher Adelbert von Chamisso gemeinsam? Sie alle werden in den Essays der Schriftstellerin und Übersetzerin Isabel Fargo Cole aufgerufen, die in dem kürzlich erschienenen Band mit dem mysteriösen Titel »Das Zenonzän« versammelt sind. In den Essays geht es um die Schöpfungsgeschichte und um Postwachstum, um Technologiekritik und die Anfänge des Internets, um Künstliche Intelligenz und die Arbeit des Übersetzens, um die Stasi, um Utopien und Dystopien der DDR. Zusammengehalten werden die Texte von der Erkenntnis, dass es so etwas wie echten Fortschritt nicht mehr gibt, dass unsere Gesellschaft immer schneller, immer kleinteiliger und atomisierter wird, aber sich kaum noch vom Fleck bewegt, obwohl oft großspurig von technologischen Durchbrüchen gesprochen wird.
Philosoph, Musiktheoretiker und Cellist Benjamin Sprick und Isabel Fargo Cole blicken zurück in die vergangenen Zukünfte der 90er-Jahre, ziehen überraschende Querverbindungen und sprechen darüber, was der altgriechische Philosoph Zenon von Elea und ein Cellobogen mit all dem zu tun haben.
»Leise im Ton und bestimmt in der Sache erschließen die Essays von Isabel Fargo Cole das Gelände einer Gegenwart, in welcher der beschleunigte Takt von Krisen und Katastrophen mit dem Horizont einer aufgezehrten Zukunft verschmilzt und sich im Eindruck eines ›stehenden Sturmlaufs‹ (Franz Kafka) verdichtet. Diese scharfsinnigen Exkursionen in ein Deutschland der letzten dreißig Jahre durchqueren eine thematische Vielfalt, die von vergessenen Utopien über die Zumutungen des digitalen Kapitalismus bis hin zu überraschenden literarischen Begegnungen reicht. Dabei erweisen sich die Texte dieses Bands als Essays oder Versuche im besten Sinn: Sie halten die Spannung zwischen Genauigkeit und Leidenschaft, Theorie und Erfahrung, Analyse und Intuition und formieren mit der Erinnerung an uneingelöste Möglichkeiten der Geschichte einen Widerstand gegen die Versteinerung politischer Einbildungskraft.« Joseph Vogl
Zur Autorin:
Isabel Fargo Cole (*1973 in Galena, Illinois), Autorin und Übersetzerin, lebt seit 1995 in Berlin. Ihr Debütroman »Die grüne Grenze« (2017) war für den Preis der Leipziger Buchmesse und den Klaus-Michael Kühne-Preis nominiert. 2018 erhielt sie den Helen & Kurt Wolff Übersetzerpreis für ihre Übersetzung von Wolfgang Hilbigs »Alte Abdeckerei« ins Englische. 2019 erschien der Roman »Das Gift der Biene«, 2022 »Die Goldküste. Eine Irrfahrt« (Matthes & Seitz). 2023 wurde ihr der Literaturpreis der A und A Kulturstiftung verliehen.
 
  