FAQ-Room 32: One person can make a difference
Ein Abend mit der Shoa-Überlebenden Irene Butter
Es gibt nicht mehr viele Menschen, die vom Holocaust erzählen können. Irene Butter ist eine von ihnen. Über das Leben im Konzentrationslager und die Flucht zu sprechen, hat sie stark gemacht. Nun kommt sie zum 75. Jahrestag der Befreiung von Bergen-Belsen vermutlich zum letzten Mal nach Deutschland. Die Journalist*innen Constantin Schreiber und Caroline Schmidt werden sich mit ihr an diesem Abend auf eine persönliche und politische Reise begeben. Dazu lesen Ensemblemitglieder des SchauSpielHauses ausgewählte Passagen aus Butters Buch »Shores beyond Shores. From Holocaust to Hope«. Ausschnitte aus der NDR-/Arte-Dokumentation »Hitlers Menschenhändler« werden Teile ihrer Geschichte zeigen.
Irene Butter wurde 1930 als Irene Hasenberg in Berlin-Wilmersdorf geboren. Als die Eltern den Antisemitismus in Berlin nicht mehr ertragen konnten, flohen sie 1937 nach Amsterdam. Im Mai 1940 überfiel Hitler die Niederlande. Im Juni 1943 wurden die Hasenbergs festgenommen und ins Durchgangslager Westerbork transportiert. Die meisten Insassen kamen von dort direkt nach Auschwitz. Die Hasenbergs hatten Glück. So dachten sie zumindest zunächst. Sie wurden im Februar 1944 in ein vermeintlich besseres Lager gebracht: nach Bergen-Belsen. Dort erwartete sie die Hölle. Nur durch einen Trick konnten die Hasenbergs 1944 in die Schweiz fliehen.
Doch der Vater starb noch in Deutschland im Zug. Auch die todkranke Mutter und der Bruder konnten nicht weiterreisen, blieben in der Schweiz zurück. Und so ging Irene mit 14 Jahren alleine nach Amerika. Dort wohnte sie in New York bei entfernten Verwandten, besuchte die High-School, dann die Universität, wurde Wirtschaftsprofessorin in Ann Arbor (Michigan), heiratete und bekam zwei Kinder. Sie redete in diesen Jahren nie über ihre Zeit in Deutschland. Bis zu diesem Tag im Sommer 1973, als ihre damals 12jährige Tochter Ella aus der Schule nach Hause kam und berichtete, sie habe Irene dort für den nächsten Tag als Zeitzeugin im Geschichtsunterricht angekündigt.
Seitdem hält sie Vorträge in Schulen und Universitäten und engagiert sich für ein friedliches Miteinander. Sie hat den muslimisch-jüdischen Gesprächskreis »Zeitouna« ins Leben gerufen und verleiht seit 1990 als Mitglied der Jury die Raoul-Wallenberg-Gedenkmedaille an Personen wie etwa den Dalai Lama, die „mit großem Mut und großer Selbstlosigkeit erfolgreich für eine eigentlich verlorene Sache“ kämpften.
„Wir können nicht nur das Böse besiegen“, findet Irene Butter bis heute, „wir müssen es sogar.“ Damit das Leiden nicht sinnlos war. Damit all die Menschen nicht sinnlos gestorben sind.
Im vergangenen Jahr hat Irene Butter ein Buch über ihre Kindheit und Jugend geschrieben. Mit »Shores beyond shores. From Holocaust to Hope.« tourt sie nun mit fast 90 Jahren – immer noch ganz Charisma und Kraft – durch Amerika. Heute in Zeiten von Trump findet sie ihre Botschaft wichtiger denn je.