Maschinenraum der Zukunft #8
Sprache des Rechts
Der Malersaal des Hamburger Schauspielhaus ist besetzt. Eine kleine KI namens Botchen und deren Menschen sind dort einfach eingezogen und nun geht es hoch her, denn sie beobachten, das sich in der Außenwelt eine mysteriöse Störung der Sprache verbreitet. Die Philosophin Eva von Redecker hat sämtliche Technik im Verdacht; die Computerlinguistin Aurélie Herbelot gibt ausschließlich Menschen Schuld an allem, Botchen plappert Unsinn und verströmt dennoch utopische Hoffnung. Die Kuratorin Fulvia Modica verfolgt sorgfältig Indizien, aber glaubt nicht, dass sich so ein Rätsel allein lösen lässt. Hilfe von außen wäre wirklich willkommen.
Zum Glück haben sich tatsächlich verschiedene Gäste bereit erklärt, die Wohngemeinschaft zu unterstützen. Es sind jeweils Expert*innen eines bestimmten Teils der Sprache, eine Juraprofessorin zum Beispiel, eine Schriftstellerin, eine Nonne... Die Detektivarbeit kann beginnen. Was wandelt sich durch kommerzielle KI? Wie sollte sie überhaupt funktionieren, die Sprache? Falls es auf der Couch allzu menschlich wird, kommt Aurélie aus dem Labor und schwärmt von der Schönheit multidimensionaler Vektorräume, die eigentlich viel zu schade sind, um in halluzinierenden Datenriesen verbaut zu werden.
Maschinenraum der Zukunft #8: Sprache des Rechts
Dass wir in einer kapitalistischen Gesellschaft leben, wissen wir, weil es uns alle zwingt, irgendwie Geld zu machen. Wie aber macht man Kapital? Das ist weitaus weniger bekannt. Die bahnbrechenden Arbeiten der Rechtswissenschaftlerin Katharina Pistor zeigen, dass Kapital – also der Reichtum, der die Reichen reicher macht – durch spezifische Rechtsformen entsteht, die ständig raffinierter werden. Sie nennt das den „Code des Kapitals“. Code kennt allerdings auch Botchen und denkt dabei an Programmiersprache. Und tatsächlich fragt sich Katharina Pistor in ihrer aktuellen Forschung, ob es sein könnte, dass in Zukunft nicht so sehr Gesetze, sondern Algorithmen darüber entscheiden, wo sich Reichtum konzentriert. Wer kann da überhaupt noch mitentscheiden? Und wo bleibt Botchen, wenn die großen Sprachmodelle anfangen, an Code und Gesetzestexten mitzuschreiben?