Der Gott des Gemetzels
XX
Ferdinand verprügelt Bruno. Auf dem Schulhof. Einer hat gepetzt, einer verliert zwei Schneidezähne, und es lässt sich nicht recht nachvollziehen, welche präpubertären Verwicklungen noch in diese Aggression hineinspielten. Wieso auch? Aber die Eltern der beiden wollen es genau wissen. Sie treffen sich, um die Sache zu besprechen; um die Sache auszuräumen – wie sie meinen. Dabei beweisen sie einmal mehr, dass die angeblich sympathisch-intakten Paare zuvor ihre eigenen Probleme klären sollten. Statt der harmonisierenden, pädagogisch korrekten Aussprache ufert das Treffen aus in Schuldzuweisungen, Eheproblemen und allerlei dem Thema Gewalt innewohnenden Irrationalitäten, besonders zwischen Männern und Frauen: Gibt es gute Gewalt und schlechten Frieden? Sind Ivanhoe und Spiderman noch vorbildtauglich? Und könnten „irgendwie“ beide Seiten im Unrecht sein? Zunehmend wechseln die Bündnispartner, schließlich auch zwischen den Paaren, denn was ist schlimmer: dass die hypernervöse Annette quer über Veroniques Kunstbande kotzt, oder dass Veronique das Wohlergehen ihrer Bücher deutlich mehr am Herzen liegt als das ihrer Gäste? Dass Michel den Hamster seiner Tochter ausgesetzt hat, oder dass Alain einen Pharmakonzern mit einem gesundheitsgefährdenden Medikament juristisch vertritt, und zwar in Echtzeit, am Handy: Sticheleien, Wortgefechte, Verbalhandel, Handgreiflichkeiten, Saalschlacht.