Im Keller der Metaphysik #1

TALK

Folge 1: Exzessive Subjektivität / Jacques Lacan und die aktuelle Politik des Genießens
MalerSaal
MalerSaal / Julia Oschatz

Subjekt zu sein bedeutet immer auch, sich selbst gesetzte Grenzen zu überschreiten. Ein Subjekt schweift aus, es kennt kein Maß. Es tritt aus dem Dunkel ihm unzugänglicher Ordnungen hervor, die sich durch diesen Austritt selbst erst bestimmen lassen. Ein Subjekt wird somit immer erst gewesen sein. Es konstelliert sich in einem »Futur II« und arbeitet dadurch unablässig seine eigene Zukunft auf.

Was bedeutet Subjektivität heute? Welche politische Zukunft wird sie gehabt haben? Aus welchen normativen Ordnungen taucht sie auf und was verführt uns, diese Ordnungen zu überschreiten?

Der Abend durchquert die Frage exzessiver Subjektivität ausgehend von einer Interpretation des vom französischen Psychoanalytiker Jacques Lacan entwickelten »Graph des Begehrens«, einer Ansammlung von herausgehobenen Punkten und sich kreuzender Linien, die das Zusammenspiel bewusster und unbewusster Instanzen im Prozess der Selbst-Werdung visualisieren. Ins Zentrum rückt dabei Lacans Begriff eines pathologischen Genießens. Genuss wird anscheinend immer weniger Selbstzweck, sondern zunehmend Zwangsverordnung: »Genieße, um Dich produktiv zu halten!« Können wir nicht mehr existieren, ohne ein wie auch immer geartetes Abhängigkeitsverhältnis zum Genießen zu entwickeln? Verfallen wir in eine rastlose Suche nach »Mehr-Lust«, so wie es der slowenische Philosoph Slavoj Žižek konstatiert? Oder lassen sich im Konsum-Moloch widerständige Genuss-Praxen kultivieren, die auf eine neue Politik des Verzichts verweisen? In welchen Nischen brächen sie sich Bahn?

Dominik Finkelde ist Professor für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuesten Zeit an der Hochschule für Philosophie in München. Zuletzt erschienen: »Das Objekt, das zu viel wusste. Eine Einführung in die Philosophie nach Jacques Lacan«, Turia + Kant 2022; Als Herausgeber: »Žižek-Handbuch«, Metzler 2025.

Rami Olsen ist Sänger, Gitarrist und Songwriter. Sein Album »Radical Tenderness« (2023) ist das erste, ausschließlich in mikrotonalen Stimmungssystemen komponierte Pop/Jazz Album.