Zur vorherigen Seite

Mein Schwanensee

von Christoph Marthaler mit Texten von Elfriede Jelinek
Regie: Christoph Marthaler
Uraufführung am 09/10/2025
MalerSaal
Magne Håvard Brekke, Sasha Rau und Josefine Israel quer im Raum verteilt. Sie haben eine Hand erhoben und fassen sich an den Kopf, die Augen halb geschlossen. Auf den schwarzen Boden sind rote Schuhabdrücke aufgeklebt, eine Kurz- und eine Langhantel liegen herum. Im Hintergrund hängt eine Hantelbank an der Wand in Beton-Optik, die mit einem Spot beleuchtet ist.
Verschiedene Geräte, die man in einem Fitnessstudio finden würde sowie eine abstrakte Metallkonstruktion. Links ein Mann am Klavier. Magne Håvard Brekke steht mit nacktem Oberkörper vor einer übergroßen Langhantel mit durchgebogener Stange und schaut zur Seite. Er trägt eine hautfarbene Latexhose, die sehr muskulöse Beine imitiert.
Samuel Weiss und Fee Aviv Dubois nebeneinander in einem roten und beigefarbenen Anzug im Vordergrund. Fee Aviv Dubois hält ein Mikrofon in der Hand und schaut in die Ferne, Samuel Weiss mit blonder Kurzhaarperücke und dicker Brille blättert in etwas. Im Hintergrund Sasha Rau, Josefine Israel und Magne Håvard Brekke nebeneinander auf einer hölzernen Kanzel, sie schauen zu den beiden nach vorn.
Bühnensituation: Josefine Israel, links im Bild, hat eine Hand auf ihren Kopf gelegt. Sie trägt eine rötliche Kurzhaarperücke und ein transparentes geblümtes Oberteil mit großer Schleife. Neben ihr Sasha Rau mit schwarzem Jacket und schwarzem Oberteil, ihre Finger berühren ihr Dekolleté, sie schaut in die Ferne. Hinter ihr und etwas entfernt steht Magne Håvard Brekke, er hat die Arme angewinkelt und berührt den Ärmelsaum seines grauen Anzugs.
Links steht Josefine Israel auf einer abstrakte Metallkonstruktion, hält sich fest und einen roten Zettel in der Hand. Samuel Weiss, mittig, klemmt in einer dreieckigen länglichen Metallkonstruktion, es sind nur Kopf und Schultern sichtbar. Rechts Magne Håvard Brekke, er hält ebenfalls einen roten Zettel in der Hand und stützt sich mit der anderen auf eine Metallkonstruktion mit zwei Handgriffen, von der nur eine senkrechte Stange zu sehen ist.
Das Ensemble steht in einem Halbkreis um einen geöffneten weißen Eimer herum und interagiert miteinander. Josefine Israel und Samuel Weiss fassen sich mit einer Hand an den Kopf. Im Bühnenbild liegen verschiedene rostige Kurz- und Langhanteln, links befindet sich eine hölzerne Kanzel. An der Betonwand im Hintergrund hängt eine Hantelbank, die mit einem Spot beleuchtet ist.
Im Vordergrund Sasha Rau, die mit entspanntem Gesicht und beiden Händen eine große Langhantel hebt, die Mittelstange ist extrem durchgebogen. Im Hintergrund liegen Samuel Weiss und mit nackten Oberkörpern auf einer großen ledernen Rolle auf Ständern, ihre Arme und Beine hängen nach unten. Auf den schwarzen Boden sind rote Schuhabdrücke aufgeklebt.
Im Vordergrund Magne Håvard Brekke und Sasha Rau, die ihn anschaut, er schaut geradeaus. Im Hintergrund Josefine Israel und Samuel Weiss auf einer schwarzen Metalltreppe. Josefine Israel hält sich mit beiden Händen am Geländer fest und lehnt sich leicht zurück, während sie nach oben zu Samuel Weiss schaut. Dieser hält sich ebenfalls mit beiden Händen fest und neigt sich mit geradem Körper zu ihr herunter.
Das Ensemble liegt rücklings mit angewinkelten Beinen auf Rollbrettern, die quer im Raum stehen. Im Vordergrund ist auf den schwarzen Boden eine rote Markierung mit dem Text „START“ geklebt, im Raum verteilt sind rote Schuhabdrücke. Im Hintergrund ein Mann am Klavier.
Eine kleine rostige Kurzhantel und eine größere Langhantel liegen auf dem Boden. Im Hintergrund eine große lederne Rolle auf Ständern, über der Samuel Weiss mit nacktem Oberkörper liegt, Arme und Beine hängen nach unten, er trägt eine rote Anzughose. Neben ihm Magne Håvard Brekke in ähnlicher Position, nur sein Kopf ist auf die Rolle gestützt.  Auf den schwarzen Boden sind rote Schuhabdrücke aufgeklebt.

In den vergangenen Spielzeiten entwickelte Christoph Marthaler im MalerSaal zwei ungewöhnliche Abende, die auf Gedichten, Briefen und Skizzen von Autor*innen basieren, die aus unterschiedlichen Gründen den vollständigen Rückzug in Zimmer (Emily Dickinson) und Türme (Friedrich Hölderlin) wählten, um aus kleinsten Räumen größte Literatur hervorzubringen. Nach »Die Sorglosschlafenden, die Frischaufgeblühten« und »Im Namen der Brise« geht es nunmehr um eher unbekannte Teile des Werks der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek, die aus ihren Wohnungen in Wien und München heraus das freidrehende Weltgeschehen seziert und unverwechselbar zur Sprache bringt. So wie die Dinge stehen, wird es alles andere als ein klassisches Ballett. Mit »Mein Schwanensee« schließt sich die Beschäftigung mit diesen weltzugewandten Weltflüchtigen nun zu einer Trilogie.

Extras zur Inszenierung

Playlist zum Stück

Hier anhören!

Samuel Weiss und Fee Aviv Dubois nebeneinander in einem roten und beigefarbenen Anzug im Vordergrund. Fee Aviv Dubois hält ein Mikrofon in der Hand und schaut in die Ferne, Samuel Weiss mit blonder Kurzhaarperücke und dicker Brille blättert in etwas. Im Hintergrund Sasha Rau, Josefine Israel und Magne Håvard Brekke nebeneinander auf einer hölzernen Kanzel, sie schauen zu den beiden nach vorn.

Pressestimmen

nachtkritik.de

„Der Abend […] ist ein herrliches, heiter-melancholisches Vergnügen. […] Unbeirrbar singen, summen, schreiten und sprechen sich die Spieler*innen durch diesen Abend. In immer wieder hochplätschernden Wellen voll feinstofflicher Komik. Nur minimal agieren sie dafür zwischen Turngeräten und Klavieren, blicken mal auf die Kanzel und mal auf ein – man muss die Augen beim Blick auf die Trainingsbank an der Bühnenrückwand nur ein bisschen zukneifen – Kreuz. Glockenhelle Stimmen, feine Rhythmik und immer wieder rätselhaftes Innehalten: »Mein Schwanensee« ist eine typische, hochmusikalische, Marthaler-Andacht.“ (Katrin Ullmann)

Die Welt

„Die sprachliche Komik des Abends wird durch herrliche Slapstickeinlagen ergänzt, was wiederum wundervoll zur Trivialebene in den Gedichten passt. Weder Marthaler noch Jelinek unterscheiden in ihrem Werk zwischen Hochkultur und Kultur für alle. Das Musikprogramm Marthalers reicht von Johann Sebastian Bach bis zu den Red Hot Chili Peppers, die Schauspielkunst von magischen Zirkusmomenten bis zu hoher Schauspielkunst.“

„Die Musik aber wird zum Schluss arrangiert wie ein sakrales Chorwerk, das gefühlt eine Kirchenkuppel über der Bühne entstehen lässt und sie zu einem Ort des Trostes macht, der dem trotzigen Wort einer einsamen Dichterin, der Kraft ihres lyrischen Ich entspringt.“ (Stefan Grund)

Hamburger Abendblatt

„[Marthaler] hat nach wie vor ein feinstfühliges Händchen für das liebevolle Ausstellen allzumenschlicher Trotteligkeiten, entkoppelt von tieferem, mittlerem oder höherem Sinn.“ (Joachim Mischke)

Deutschlandfunk Kultur

„Es geht um die Handschrift, die immer noch einzigartig Marthaler ist. […] [Die Abende] bringen uns nichts nah, sie lassen uns fremd den Dingen gegenüber, die der Abend uns zeigt. Aber man wird feststellen: Die Methode, die Handschrift, die Art und Weise wie er das zusammenbaut und -bastelt, wie er Musiken aussucht – Das ist seit ewigen Zeiten sensationell. […] Das ist nach wie vor der große Verführungsmoment jedes einzelnen Marthaler-Abends.“ (Michael Laages)

FAZ

„»Mein Schwanensee« feiert die Langsamkeit. Ein Abend voller Melancholie und verlorener Motive.“

„In einer der schönsten Szenen versuchen die sechs Schauspieler miteinander zu tanzen, aber sie kriegen sich nicht zu fassen, ihre Hände greifen aneinander vorbei, ihre Körper passen nicht mehr zusammen. Die Sehnsucht, sich in die Augen zu sehen ist noch da – Heines wunderschöne Zeilen vom so „schwindenden Leid und Weh“ erklingen – aber die gewandelte Zeit lässt keinen Ausdruck mehr dafür zu.“ (Simon Strauss)

NDR Kultur

„Christoph Marthaler begegnet den Jelinekschen Spitzen mit feiner Ironie und stellt ihren Texten gewohnt viel Musik zur Seite, gibt ihnen aber auch Luft zum Atmen.“

„Musikalisch ist dieser „Schwanensee“ großartig, schlüssig. Die Texte, vor allem die Gedichte von Elfriede Jelinek, sind nicht leicht zu entschlüsseln, aber vieles erschließt sich intuitiv. Das Ensemble ist in Topform, die Themen sind weiter oder wieder aktuell.“

nd-aktuell

„[Marthalers] magischer Realismus speist sich aus Inszenierungen von Vereinzelung, aus durchaus liebevollem Spott über seine Figuren, die in »Mein Schwanensee« in die Texte von Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek eintauchen und damit eine Trilogie vollenden, deren Teile eins und zwei Friedrich Hölderlin und Emily Dickinson gewidmet waren.“

„[Im MalerSaal] legt der Schweizer Regisseur und Musiker mit »Mein Schwanensee« eine weitere meisterhafte Probe seines Theaters vor.“ (Andreas Schnell)

kreiszeitung.de

„Marthaler lässt Poesieschnipsel und Ausschnitte früher Jelinek-Prosa summen, säuseln, tonlos sprechen und immer wieder in Gesang übergehen. Es entsteht ein wundersam leiser, kauziger Abend voller musikalischer Miniaturen.“

„In einer Tanzszene versuchen die Figuren, Nähe herzustellen, Berührungen zu ermöglichen. Vergeblich. Aus Sehnen wird Warten wird Schweigen. So gibt es immer wieder diese ins Verstummen laufenden Szenen sowie rührend hilflose und doch so komische Slapstick-Momente.“

„Aber allein schon als Widerspruch zum aufgeregten Zeitgeist mit stetig steigendem Lärmpegel ist die heiter verrätselte, leicht entrückte und ansteckend ruhige Atmosphäre von »Mein Schwanensee« ein Labsal.“ (Jens Fischer)