Die Orestie (Die Rasenden II)
Aischylos Trilogie »Die Orestie«, 458 v. Chr. entstanden, gilt zu Recht als einer der Grundlagentexte unserer europäischen Kultur. Verhandelt werden Kriminalfälle im griechischen Herrscherhaus der Artriden: Agamemnon, der für den Feldzug gegen Troja seine Tochter Iphigenie der Göttin Artemis opferte, kehrt nach zehn zermürbenden Kriegsjahren als Sieger heim. Doch hier erwartet ihn die blutige Rache seiner Frau Klytaimnestra, die mittlerweile mit Ägisth Macht und Bett teilt. Im zweiten Teil der Trilogie rächen die Kinder Orest und Elektra die Ermordung des Vaters. Hier greift die Inszenierung von Karin Beier auf Hofmannsthals Bearbeitung »Elektra« von 1904 zurück. Mit dem letzten Teil der Orestie »Die Eumeniden« hat Aischylos einen Gründungsmythos der attischen Demokratie geschrieben: Der Muttermörder Orest steht vor Gericht. Er hat sich vor Menschen und Göttern zu verantworten. Doch nur knapp verfehlt die Abstimmung der Richter eine Patt Situation.
Wie kann man dem unerbittlichen Metronom entkommen, das den Takt der Geschichte schlägt? Wie sind Gewaltspiralen zu durchbrechen? Was ist zu tun, wenn Opfer von heute zu Inquisitoren von morgen werden? Darf mit Gott Politik gemacht werden? Was ist Fremdbestimmung? Was Eigenverantwortung? Wie tragfähig sind Demokratien?
An der unruhigen Grenze der Entstehung unserer abendländischen Kultur gelagert, liefern die Tragödien der griechischen Antike psychologische Einsichten, philosophische und religiöse Fragen, politische Analysen und Perspektiven, die uns bis heute beschäftigen. Karin Beier, die mit dem Antikenzyklus »Die Rasenden« ihre Intendanz am Hamburger Schauspielhaus eröffnete, richtet ihr Interesse vor allem auf das Verhältnis zwischen Religion und Politik, die Instrumentalisierung von Glauben, thematisiert aber auch das Ende der Metaphysik, die Folgen von Göttersturz und menschlicher Hybris.
»Die Orestie (Die Rasenden II)« umfasst den kompletten zweiten Teil des Antikenzyklus, die Tragödien »Agamemnon«, »Elektra« und »Die Eumeniden«.