Die Jungfrau von Orleans
Das Stück beginnt mit der jugendlich-anmaßenden Zuschreibung einer neuen Identität. Johanna, Tochter des reichen Bauern Thibaut d’Arc, fühlt sich von Gott persönlich berufen, das Landleben in den Bergen aufzugeben und als heilige Jungfrau in den Kampf zu ziehen. In Frankreich tobt der Hundertjährige Krieg, die englischen Truppen haben das Land bereits erobert. Der schwache König Karl ist schon entmachtet, als durch Johanna die wundersame Wendung des Krieges erfolgt, in dem sie zur religiösen Ikone und Kampfmaschine wird. Schiller lässt seine Heldin schließlich am Konflikt von Mission und Leidenschaft zerbrechen und nicht, wie die historische Jeanne d’Arc, auf dem Scheiterhaufen der Inquisition enden. Seine Tragödie der Gotteskriegerin Johanna zeigt sie als aktive Täterin, die sich selbst zum Instrument macht und schließlich von ihrem Vater zu Fall gebracht und von der Gesellschaft zunächst geopfert, dann zum Nationalmythos verklärt wird.