Pastor Ephraim Magnus
Der junge Hans Henny Jahnn flieht vor der Barbarei des Ersten Weltkrieges aus Hamburg und geht nach Norwegen. Im Exil schreibt er das Theaterstück, das ihn berühmt macht und für das er 1920 den Kleist-Preis erhält: »Pastor Ephraim Magnus«. 1923 bringen Arnolt Bronnen und Bertolt Brecht eine stark reduzierte Fassung zur Uraufführung. Das „Vulkanartige, das die Form oft sein musste“, korrespondiert im Stück mit der exzessiven Lebenssehnsucht der Figuren. „Ich lebe nicht!“ – ist der Todesfluch des sterbenden Vaters, des alten Pastor Magnus, der seine drei Kinder veranlasst, Gott in der körperlichen Lust und Qual zu suchen. Bewusst überschreiten sie dabei alle Grenzen der bürgerlichen Ordnung, mit aller denkbaren Radikalität experimentieren sie mit sich und anderen, werden Täter und Opfer zugleich. Jakob, der Frauenmörder, wird hingerichtet, die überlebenden Geschwister Johanna und Ephraim bewahren den Körper des Toten und erkunden selbst die Grenzen körperlichen Schmerzes. In diesen Überschreitungen sind Jahnns Figuren jedoch auch immer auf der Suche nach einem Sinn und Sein jenseits eines zerstörerischen Systems, das vom Ersten in den Zweiten und schließlich in den atomaren Schrecken des Kalten Krieges führte.
Regisseur Frank Castorf kehrt mit seiner Inszenierung von Jahnns Frühwerk in dessen Heimatstadt Hamburg und ans SchauSpielHaus zurück.