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Hamlet

von William Shakespeare / aus dem Englischen von Heiner Müller, Mitarbeit Matthias Langhoff / unter Verwendung von Heiner Müllers »Hamletmaschine«
Regie: Frank Castorf
Premiere am 03/10/2025
SchauSpielHaus
6 Stunden
inkl. einer Pause
Paul Behren in einem schwarzen glitzernden Hemd und langer schwarzer Hose, er schaut in die Ferne. Im Hintergrund bedecken schwarze Kohlebrocken. Ein graues rundes Gebäude aus schmutzigem Beton mit großen horizontalen Schlitzen. In einem Schlitz liegt Matti Krause mit nacktem Oberkörper und schwarzer langer Hose, ein Bein hängt außen am Gebäude herunter.
Lilith Stangenberg mit einer Perücke aus langen braunen Haaren. Ihr Gesicht ist vollständig mit Kunst blutbeschmiert, sie hat den Mund geöffnet und die Augen aufgerissen. Sie trägt ein schwarz-transparentes Oberteil.
Ein komplett in grünes Licht getauchtes Foto der Schauspielerin Alberta von Poelnitz, wie sie sich über den am Boden liegenden Schauspieler Paul Behren beugt und ihn am Kinn packt / fotografiert von Just Loomis
Der Schauspieler Paul Behren sitzt auf einem weißen Plastikstuhl unter einem bunten Sonnenschirm. Um ihn überall schwarze Kohle um ihn herum. Im Hintergrund dunkle Wolken am Himmel und ein gigantisches Schild, das verkehrt herum steht und von der anderen Seite den Schriftzug "Europe" zeigt.
Bühnensituation: Eine Person mit langem dunklem Mantel, Sonnenbrille und langen braunen Haaren im Vordergrund. Ihr Mund ist geöffnet, die Zähne sind gefletscht. Im Hintergrund eine Leinwand mit drei weiteren Personen mit Perücken und Lack- sowie Fell-Jacke. Sie tragen ausladenden goldenen Schmuck.
Paul Behren und Matti Krause in Nahaufnahme, ihre Gesichter sind hell beleuchtet mit starkem Schlagschatten. Sie tragen schwarze glitzernde Oberteile. Mattis Hand liegt auf Paul Behrens linker Schulter. Ihre Münder sind geöffnet, Matti Krause schaut in die Kamera.
Lilith Stangenberg mit einer Perücke aus langen braunen Haaren, die verwuschelt sind. Sie trägt einen mit Glitzer besetzten knappen BH mit Verschnörkelungen und eine weiße Halskrause mit goldener Borte. Ihre Augen sind weit aufgerissen und ihr Mund geöffnet, sie trägt kräftigen roten Lippenstift.
Ein geschlossener röhrenförmiger Raum mit Leuchtstoffröhren an der Decke. Im Vordergrund ein Mann mit silberner Jacke und Halskrause, er trägt Kopfhörer und sitzt vor einem schwarzen Monitor mit Tastatur, eine Hand am linken Ohr. Der zweite Mann sitzt im Hintergrund an einem grünen Klapptisch vor einem leeren Teller, vor ihm ein Topf.
Paul Behren sitzt auf einer schmutzigen gelblichen Matratze vor einer schmutzig-rostigen Wand. Lilith Stangenberg kniet hinter ihm mit gelber Hose, goldenem Armreif und schwarzen Absatz-Schuhen. Sie hat ihre Arme um Paul Behren gelegt und drückt ihr Gesicht an seine linke Wange.
Paul Behren ist von der Seite zu sehen. Dicht vor seinem Gesicht ist Lilith Stangenberg, ihr Gesicht ist komplett weiß geschminkt. Sie schaut ihm in die Augen, ihr Mund ist weit geöffnet. Im Hintergrund ein Spiegel und eine grünlich-weiße Ziegelwand.
Alberta von Poelnitz im Vordergrund, sie trägt roten Feder-Kopfschmuck und eine rote Federboa um die Schultern, die in einem mit roten Federn behängten Reifrock mündet. Ihr Mund ist geöffnet, sie schaut nach vorn. Hinter ihr im Dunkeln stehen Paul Behren mit nacktem Oberkörper und Linn Reusse, ebenfalls mit roter Federboa, einem mit Strass besetzten knappen BH und langer Hose. Der Boden ist mit Kohle bedeckt.
Olaf Rausch mit heller Hose, rot kariertem Hemd und einem hellblauen Sonnenvisier auf dem Kopf. Er reicht Paul Behren einen Teller, der mit nacktem Oberkörper und roter Hose auf einem Metallstuhl sitzt. Im Hintergrund ein graues rundes Gebäude aus schmutzigem Beton mit großen horizontalen Schlitzen.
Vier schwarz gekleidete Personen springen quer durch aufgehäufte Kohlestücken am Boden.
Eine Person mit bodenlangem schwarz-gemustertem Mantel, sein Mund ist geöffnet, er schaut nach vorn. Im Hintergrund mit großen Kohlestücken bedeckter Boden, ein graues rundes Gebäude aus schmutzigem Beton mit großen horizontalen Schlitzen und ein Strommast, an dem die Buchstaben EUROPE rückwärts umgedreht hängen. Dahinter ein bühnenfüllender Vorhang mit großen grauen Wolken.
Paul Behren links im Bild im Anschnitt, das restliche Ensemble steht mit etwas Abstand als Gruppe zusammen, alle sehen ihn an.
Alberta von Poelnitz mit weiß gemusterter Hose und weißem Top. Sie hat die Arme ausgebreitet, an denen silbrige Fransen hängen. Sie trägt ihr langes Haar offen, ihre Augen sind aufgerissen, ihr Mund geöffnet. Neben ihr Josef Ostendorf sitzend und schwarz mit glänzendem Stoff und schwarzen Fransen sowie einem schwarzen Hut bekleidet. Er zieht an einer Zigarette und schaut nach vorn.
Nahaufnahme von Angelika Richter. Sie trägt ein weißes T-Shirt und eine Konstruktion mit weißen Fransen und überlappendem Stoff behängt auf den Schultern. Ihre Augen sind weit aufgerissen, ihre Zähne gefletscht. Im Hintergrund ein graues rundes Gebäude aus schmutzigem Beton mit großen horizontalen Schlitzen.
Ein geschlossener röhrenförmiger Raum mit Metallbetten und schmutzigen Matratzen, der Boden ist rot. Daniel Hoevels und Paul Behren sitzen an einem Klapptisch, auf dem ein Schachspiel, ein Topf, Teller und zwei Flaschen mit klarer Flüssigkeit stehen und schauen sich an. Im Hintergrund sitzt Angelika Richter im weißen T-Shirt und nackten Beinen. Sie reibt sich ein Auge.
Angelika Richter im weißen T-Shirt und einem Umhang aus weißen Fransen. Sie trägt ein großes Portrait von Lenin umgehängt. Über ihr im Hintergrund eine Stahl-Traverse und ein Coke-Leuchtschild.

Europa 1601, zwei Jahre vor dem Tod Königin Elisabeths, häufen sich die Anzeichen des nahen Endes einer glücklichen Epoche. Shakespeares Gönner, ein Liebhaber der Königin, wird hingerichtet, sein Vater stirbt, ebenso sein Sohn, der Hamnet hieß. Ein Einschnitt, eine Epochenschwelle, William Shakespeare schreibt »Hamlet« und stößt in eine neue Dimension vor, jenseits aller bekannten Genres.

Kein Stück hat so viele widersprüchliche Deutungen provoziert. Der Autor versetzt seinen Helden und das Publikum in eine besondere Art Unwissenheit: ein ultimatives Nicht-Wissen, nicht Entscheidungsschwäche oder Zögerlichkeit, vielmehr Unentscheidbarkeit in den entscheidenden Fragen, ein Nicht-Wissen, dem man nicht entrinnen kann, das alles in Frage stellt. So irritiert und fasziniert »Hamlet« durch die Jahrhunderte hindurch Leser*innen und Publikum. Ein „Geist“ tritt auf, ist ihm zu trauen? Die Verworfenheit des aktuellen Herrschers ist offensichtlich – aber was sind die Konsequenzen? Die dunklen Flecken in der Geschichte der Väter bleiben dunkel. Wo wird Wahrheit gespeichert, wenn es keinen „Geist“ gibt?

Heiner Müller verfolgt in seinem grandiosen Kurzdrama »Hamletmaschine« die Figur Hamlet durch die verheerende Geschichte des 20. Jahrhunderts. Shakespeares Stück selbst, schreibt er, „ist der Versuch, eine Erfahrung zu beschreiben, die keine Wirklichkeit hat in der Zeit der Beschreibung. Ein Endspiel in der Morgenröte eines unbekannten Tags.“

Hinweis

content note

In dieser Inszenierung wird physische Gewalt thematisiert und szenisch dargestellt. Es wird Kunstblut verwendet.

Extras zur Inszenierung

Playlist zum Stück

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Ein geschlossener röhrenförmiger Raum mit Metallbetten und schmutzigen Matratzen, der Boden ist rot. Daniel Hoevels und Paul Behren sitzen an einem Klapptisch, auf dem ein Schachspiel, ein Topf, Teller und zwei Flaschen mit klarer Flüssigkeit stehen und schauen sich an. Im Hintergrund sitzt Angelika Richter im weißen T-Shirt und nackten Beinen. Sie reibt sich ein Auge.

Pressestimmen

nachtkritik.de

„Castorf schließt mit »Hamlet« auf seine Art an die theatrale Vermessung eines Kontinents in Aufruhr an – und schlägt mit Heiner Müllers Hilfe Bögen von der Antike bis nach Auschwitz, vom Kommunismus in den Kapitalismus, vom Ersten Weltkrieg bis zur Angst vor einem dritten.“

Der Wahnsinn hat also […] an diesem Abend Methode. Und er hat Kraft. Was bei aller pessimistischen Weltsicht bleibt, ist hier der unbedingte Glaube ans Theater als Ort, an dem man trotz der Tragik des Geschehens auch mal über sich selbst lachen kann. Ein kluger, lustvoller, nachdenklicher, intensiver und stellenweise auch ganz schön lustiger Trip in den Grusel-Themenpark Europa.“ (Stefan Forth)

ARD tagesthemen

„Shakespeare versetzt mit Heiner Müllers Stück „Hamletmaschine“ und Textfragmenten aus Geschichte, Philosophie und mehr – so entsteht aktuelles Theater.“ (Jan-Peter Gehrckens)

Hamburger Abendblatt

„Paul Behren in der Titelrolle [ist] eine Wucht: melancholisch, klar, cool in seiner Verlorenheit, brillant als nölender Josef-Ostendorf-Parodist, gebrochen, wahnsinnig und trotzdem jederzeit in der Lage, sich vom Zugrundegehen seiner Figur und von der Überfrachtung einer Szene ironisch zu distanzieren.“ (Maike Schiller)

Deutschlandfunk „Kultur Heute“

„Mit der Phantasie dieses Regisseurs […] Frank Castorf, und mit den Videos und mit dem Bühnenbild und mit den herrlichen Kostümen von Adriana Braga Peretzki – es ist alles drin in diesem Kosmos Castorf. Wenn man guter Stimmung ist und gutes Durchhaltevermögen hat, dann folgt man ihm an jeden dieser Orte, und es ist immer eine Bereicherung und ein großes Erlebnis.“

„Alexander Denićs Bühne ist [...] ein Endzeitbild, schon die Optik zieht einen hinein in eine Untergangsstimmung, die mit der Zivilisation und mit ihrer Unfähigkeit, Zukunft zu gestalten, zu tun hat. Und wenn wir einen Kern dieses Abends beschreiben wollen, dann ist es genau das.“ (Michael Laages)

Kieler Nachrichten

„Es ist eine dieser grandiosen Zumutungen, mit denen Castorf das Theater bereichert und durchrüttelt. Die ersten drei Stunden ein Fest und ein Bildersturm, in dem sich Hamlet durch das wogende Beziehungsgeflecht von Freunden, Familie und Ophelia arbeitet.“

„Man kann das retro nennen, und das ist es auch. Überflüssig ist es noch lange nicht. Dazu hält der Abend […] zu viele bild- und sprachmächtige Widerhaken bereit, an denen das Denken hängenbleibt.“ (Ruth Bender)

Die deutsche Bühne

„Nochmal Castorf! Nochmal eine spektakuläre Feier des Theaters, mit der sich ein dramatischer Stoff für zeitgenössische Verzweiflung und vielleicht sogar die Möglichkeit einer Zukunft öffnet! Jedenfalls hat sich der Regiealtmeister nun »Hamlet« vorgenommen, wo etwas faul ist im Staate Dänemark, also in Shakespeares England des 17. Jahrhunderts. Ebenso wie in unserer aus den Fugen geratenen Krisenzeit?“ (Jens Fischer)

Der Freitag

„Paul Behren als Hamlet überstrahlt trotzdem alle: Enorm kraftvoll, bis in den kleinen Finger präzise, manchmal geradezu tänzerisch, spielt er weniger einen Rächer als einen Suchenden und Zweifelnden. Lilith Stangenberg zeigt als Ophelia eine ähnliche Intensität. […] Wie sich Hamlet und Ophelia beim Suppelöffeln näherkommen, erst mit hingebungsvoller Zärtlichkeit, dann mit zunehmender Lust, Brutalität und Verzweiflung, nimmt einen als Zuschauer gefangen. [...] Castorf weiß immer noch, wie man aus Text eine Party macht.“ (Jürgen Ziemer)